Donnerstag, 14. Dezember 2017

Türchen 14

Auch das 14. Türchen des „Bücherblog-Freyheit-Adventskalender“´s beschäftigt sich mit Sam und Alec. Viel Spaß!

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Alec gab mir ein Zeichen, ich solle vor ihm das Zimmer betreten. Ich nickte ihm dankend zu. Schockiert blieb ich ihm Türrahmen stehen. Meine Eltern hatten sich mal wieder überboten.
„Woher habt ihr all die Weihnachtsdekoration? Habt ihr ein ganzes Geschäft dafür leer kaufen müssen?“, fragte ich entsetzt.
Der Tannenbaum sah von außen schon beeindruckend aus, aber wenn man direkt vor ihm stand, wurde man beinah von ihm erschlagen. Hastig nahm ich einen Schluck Punsch.
„Gefällt es dir? Es hat uns sicher einen ganzen Tag gekostet, das Zimmer zu dekorieren.“, erzählte meine Mutter.
„Ja... Ja! Es ist wirklich toll, Mom.“, stimmte ich ihr zu.
Sie lächelte erfreut. Die Anspannung in den Schultern meines Vaters lockerte sich. Er wollte wohl keinen Streit zwischen den Frauen des Hauses. Etwas knackte laut. Nate lag auf dem dunkelblauen Sofa und warf sich eine Hand Walnüsse in den offenen Mund. Er schob eine weitere verschlossene Nuss in den aufgerissenen Mund eines Mannes in roter Uniform und mit schwarzem Schnauzbart. Verärgert stürzte ich zu ihm und riss ihm den Nussknacker aus der Hand.
„Ist das meiner?“, fragte ich wütend.
„Du hast doch eine ganze Kiste mit den Dingern. Und alle sehen gleich aus. Ich dachte, ich könnte sie auch mal gebrauchen, statt sie nur ordentlich in Reih´ und Glied aufgestellt auf deinem Fenstersims zu sehen.“, sagte er trotzig und schmiss die Nuss zurück in die Schale.
„Lass die Finger von meinen Sachen, Nathan!“, fauchte ich, während ich dem Nussknacker sanft über das weiße Haar strich.
„Kein Streit, Kinder!“, trällerte meine Mutter.
Ich schnaubte unzufrieden. Vorsichtig stellte ich den Mann auf den Tisch. Er sah unverletzt aus.
„Was sagst du zu deiner Überraschung, Samantha?“, wechselte mein Vater das Thema.
„Wovon redest du?“, hakte ich geistesabwesend nach.
Alec räusperte sich leise. Ich erschrak leicht. Ich hatte ihn für einen Moment vergessen.
„Toll, Dad. Ich war sehr... überrascht.“, sagte ich eilig.
Widerwillig legte ich meine Hand auf Alecs Knie. Er legte seine darüber. Die Hitze seiner Haut übertrug sich auf meine. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Ich krampfte meine Hand zusammen und krallte meine Nägel in Alecs Knie. Er ließ sich nichts anmerken.
„Alexander hat uns erzählt, ihr wolltet dieses Weihnachten getrennt feiern.“, bemerkte mein Vater, während er seine leere Tasse auf dem Tisch abstellte. „Ein Ehepaar sollte Weihnachten gemeinsam verbringen.“, maßregelte er uns mit strengem Blick.
„Euer Vater und ich sind inzwischen seit beinah dreißig Jahren verheiratet und wir haben jedes Weihnachten zusammen gefeiert.“, fügte meine Mutter hinzu.
„Aber wir sind nicht wie ihr.“, protestierte ich ruhig. Zumindest versuchte ich, meine Stimmenlage ruhig zu halten.
„Das sagt auch keiner, Sammy. Aber ihr seit noch nicht einmal zehn Jahre verheiratet und feiert ein so wichtiges Fest schon getrennt. So sollte es nicht sein.“, wies meine Mutter mich sanft zurecht.
„Lasst es sie doch machen, wie sie es wollen. Sie sind schließlich erwachsen.“, warf Nate ein.
„Meiner Meinung nach ist man erst nach seinem 30. Geburtstag erwachsen.“, widersprach mein Vater.
Ich leerte meine Tasse mit einem Zug. Ich spürte meine rechte Hand nicht mehr. Alec hielt sie so fest, dass sie ganz taub geworden war. Verwundert warf ich ihm einen prüfenden Blick zu. Seine Gesichtszüge wirkten gelassen. Er betrachtete den Nussknacker auf dem Tisch. Doch seine Körperspannung sagte etwas anderes.
„Ich bin ziemlich müde von der Anreise. Ist es in Ordnung, wenn wir morgen weiterfeiern?“, fragte ich meine Familie, ohne den Blick von Alec zu wenden.
Er sah zu mir. Er sah erleichtert aus.
„Sicher, Kind. Habt eine erholsame Nacht.“, erlöste meine Mutter uns.
Zeitgleich erhoben Alec, Nate und ich uns. Wir huschten so schnell wie möglich, ohne unsere Eltern zu verärgern, aus dem Wohnzimmer. Wilson folgte uns unauffällig.
„Das war ja wieder lustig...“, murmelte Nate uns zu, als wir das benutzte Geschirr in den Geschirrspüler räumten.
„Und es hat noch nicht einmal richtig angefangen.“, erinnerte ich ihn müde.
Alec blieb ungewohnt still. Nate hob fragend die Augenbrauen und seine kastanienbraunen Pupillen wiesen in Richtung Alec. Ich hob leicht die Schultern. Wir zuckten zusammen, als Alec plötzlich tief Luft holte.
„Ich gehe kurz duschen.“, verkündete er feierlich und verließ schnellen Schrittes die Küche.
„Wenn ich nicht Teil dieses Theaters wäre, würde ich diese absurde Situation amüsant finden.“, sagte ich mit einem traurigen Lächeln.
„Er ist gekommen.“, antwortete Nate.
Verwirrt legte ich den Kopf schief.
„Was soll das heißen?“
„Er müsste die Feiertage nicht mit dir und deiner Familie verbringen.“, erklärte Nate.
„Ich zwinge ihn nicht dazu!“, verteidigte ich mich.
„Das meine ich auch nicht.“, beschwichtigte Nate mich. „Aber er muss sich doch etwas dabei gedacht haben. Er muss doch etwas mit seinem Besuch bezwecken.“
„Ja, dass mein Stresslevel permanent oben ist und ich an nur einem Abend um zehn Jahre gealtert bin.“, bejahte ich.
Nate verdrehte genervt die Augen.

1 Kommentar:

  1. Ich finde, du beschreibst die Familienverhältnisse und Maken der Charaktere richtig gut und leicht vorstellbar. Ich fühle mich fast als Teil der Geschichte. :-)

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